Die Lessing Society ist 1966 an der University of Cincinnati von Gottfried F. Merkel und Guy Stern als American Lessing Society gegründet worden; 1973 wurde sie, in Anbetracht der Internationalität ihrer Mitglieder, umbenannt in Lessing Society. Sie war die erste Lessing-Gesellschaft weltweit und zugleich eine der profiliertesten Institutionen der Aufklärungsforschung in den USA; zu ihren Präsidenten zählte Ruth Klüger. Von Anfang an war es das Ziel der Society, das Verständnis Lessings als des streitbaren Kritikers und engagierten Theatermanns, des europäischen Aufklärers und Kosmopoliten zu vertiefen. So verpflichtete sie sich, das Werk dieses ›deutschen Voltaire‹, der in Theorie und Praxis die liberalen Werte der Epoche zur Geltung zu bringen suchte, präsent zu halten und die lebendige Kraft seines Denkens immer neu freizulegen. Vor allem Lessings Einsatz für religiöse Toleranz und seine intellektuelle Durchdringung der Toleranz-Idee – "Toleranz" verstanden im Sinn von "Anerkennung, Achtung" – spielten dabei eine wesentliche Rolle. Ein zweiter, die Arbeit der Gesellschaft prägender Aspekt war und ist die Erweiterung des Literaturbegriffs: Die Vielfalt von Lessings geistigen Interessen, das gesamte Spektrum seiner Gelehrsamkeit sollten erforscht werden; nicht nur sein poetisches Werk, sondern auch seine literaturkritischen, kunsttheoretischen und philosophischen Schriften, seine Beiträge zur Philologie, zur Mediävistik und zur Altertumskunde, sein Wirken als Publizist und Rezensent, sein Einsatz für das Theater und die Schauspielkunst, kurzum: seine vielgestaltige Rolle in der Debattenkultur der Aufklärung. Ein dritter Aspekt ist die Öffnung des Fokus über Lessing hinaus: Die Lessing Society widmete sich von Anfang an dem Kontext der europäischen Aufklärung und schenkte neben Lessing auch anderen wegweisenden deutschsprachigen Autoren der Epoche ihre Aufmerksamkeit.

Heute ist die Lessing Society eine internationale wissenschaftliche Vereinigung, die diese Tradition ins 21. Jahrhundert weitertragen will. Lessing, für den die Suche nach Wahrheit und die Achtung vor der Überzeugung der anderen untrennbar zusammengehören, trifft auf die Herausforderungen der pluralistischen Postmoderne, so läßt sich der ideelle Horizont für die wissenschaftliche Arbeit der Society umreißen. Sie unterstützt und fördert Forschungen zu Gotthold Ephraim Lessing und darüber hinaus zur Literatur und Kultur der Aufklärung. Von dorther bestimmen sich die konkreten Aufgaben der Gesellschaft: wissenschaftliche Untersuchungen zu Lessing und seinem literarischen Wirkungsbereich, Forschungen zur deutschen (und europäischen) Aufklärung und Informationen über den Stand der wissenschaftlichen Arbeit auf diesem Gebiet zu verbreiten sowie ein Diskussionsforum für die Erforschung des 18. Jahrhunderts zu schaffen. Dabei steht die Lessing Society in Kontakt mit anderen Organisationen, zum Beispiel der Wolfenbütteler Lessing-Akademie, dem Lessing-Museum und der Arbeitsstelle für Lessing-Rezeption in Kamenz, der Hamburger Lessing-Gesellschaft, der Gesellschaft zur Erforschung des 18. Jahrhunderts, der American Society for Eighteenth Century Studies, der German Studies Association und der Modern Language Association; so ist sie in der Lage, Verbindungen zwischen Wissenschaftlern herzustellen, die auf dem Gebiet der deutschsprachigen Literatur im Kontext der europäischen Aufklärung arbeiten. Sie organisiert Vortragsreihen und international besetzte wissenschaftliche Symposien. Seit 1969 gibt sie das Lessing Yearbook heraus; begleitend zum Yearbook erschienen zahlreiche Tagungsbände, die als Meilensteine der Lessing-Philologie und Trendsetter in der Ausprägung des aktuellen Lessing-Bildes anerkannt sind.

Die Mitglieder der Lessing Society erhalten – in unregelmäßigen Abständen – das Lessing Yearbook/Jahrbuch sowie den Newsletter Notes & Notices, der über die Tätigkeiten und aktuellen Anliegen der Gesellschaft informiert und in dem Calls for Papers publiziert werden.
Die Kollektaneen sind zitiert nach der Lachmann/Muncker-Ausgabe.
Die Abbildungen wurden freundlicherweise von der Lessing-Akademie zur Verfügung gestellt.